Wenn der Postangestellte zum Süßwarenverkäufer wird…

Ich hatte eine nette Begegnung bei der Post in Lyon: Eigentlich musste ich nur ein paar Unterlagen nach Deutschland schicken, doch dann half mir der Postangestellte dabei den glücklichen Empfängern meines Briefs eine Freude zu machen.

Der Stapel an Dokumenten, den ich wegschicken musste, war ziemlich schwer. Deshalb habe ich schon befürchtet, dass ich wahrscheinlich ein Paket wegschicken müsste. Dafür wiederum erschien mir der Stapel ein wenig zu klein. Also habe ich die Lieblingssüßigkeiten des Empfängers (Fraises Tagada) gekauft, um sie noch mit in’s Paket zu stecken, falls noch Platz ist und ich sowieso das Porto zahlen muss. Bei der Post stand ich gerade in der Schlange als ein anderer Postangestellte mich zu sich rief, der eigentlich für „Collectionner les timbres“, also für Briefmarkensammler, zuständig war. Er hatte wohl Langeweile, weil keine Briefmarkensammler da waren. Das war mein Glück: ich konnte also in Ruhe ausprobieren, wie ich meinen Stapel nun verschicke. Er wog genau 622 Gramm und passte in einen Umschlag, der für 750 Gramm vorgesehen war. Blauäugig holte ich meine Packung Fraises Tagada heraus und fragte, ob das nicht noch reinpassen würde. 300 Gramm wog die Packung mit den Süßigkeiten. Die Antwort war klar: es passte nicht. Ich weiß nicht, ob es an meinem sehr enttäuschten Blick lag, oder daran, dass der Postangestellte selbst ein Fan von Fraises Tagada ist. Oder vielleicht weil er sich immer einmal gewünscht hat, in einem Süßwarenladen zu arbeiten, statt Briefmarken zu verkaufen. Vielleicht war er auch einfach nur nett. Auf jeden Fall nahm er mir nochmal den Stapel aus der Hand: 622 Gramm. Dann den Umschlag: 34 Gramm. Er drehte sich um und suchte ein kleines Tütchen aus dem Schrank, das glatt als Süßigkeitentütchen durchgehen könnte. Es wäre doch viel zu schade, meinte er. Ich solle doch wenigstens ein bisschen davon mit in den Brief packen, der Geste wegen. Ich hätte noch 100 Gramm frei. Ich war begeistert von seiner Idee. Also öffnete ich meine Fraises Tagada und befüllte das kleine Posttütchen, das der Beamte immer wieder auf die Postwaage legte bis wir 100 Gramm der Fraises Tagada umgefüllt hatten. Dann klebte er es mir auch noch vorsichtig zu und packte es zufrieden mit in den Umschlag. Sogar einer der anderen Postangestellten war aufgefallen, dass wir an dem Schalter Süßigkeiten abwogen und kam vorbei, um zu fragen, was wir da treiben. „Ich mache nur meinen Job“, antwortete ihr der Süßwarenverkäufer.

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